- ökonometrische Methoden
- 1. Allgemein: Die Vielfalt ö.M. lässt sich, unabhängig davon, ob es sich um strukturelle Modelle (⇡ ökonometrische Strukturmodelle) oder ⇡ Zeitreihenmodelle handelt, unterteilen in: (1) Methoden zur numerischen Konkretisierung der unbekannten Parameter des betrachteten Modells aufgrund der zur Verfügung stehenden Beobachtungsdaten, d.h. in Schätzmethoden; (2) Methoden zur Überprüfung der jeweils vorgenommenen stochastischen und ökonomischen Spezifikationen der Modelle, d.h. in Spezifikationsfehlertests; (3) Methoden zur Evaluation der geschätzten Modelle und deren Weiterverarbeitung unterteilen.- 2. Bei den strukturellen Modellen dominieren rein zahlenmäßig die für Einzelgleichungsmodelle konzipierten Methoden. Unter bestimmten Voraussetzungen liefert die ⇡ gewöhnliche Methode der kleinsten Quadrate beste lineare unverzerrte Schätzfunktionen für die unbekannten Koeffizienten eines linearen Einzelgleichungsmodells. Sind diese Annahmen verletzt, verlieren die Kleinst-Quadrate-Schätzfunktionen ihre besonderen Eigenschaften. Eine Überprüfung der Spezifikationsannahmen ist daher unumgänglich. Bez. der stochastischen Spezifikation ist dabei v.a. zu untersuchen, ob die Störvariablen stochastisch unabhängig oder autokorreliert (⇡ Autokorrelationstest) sind und ob die Annahme, dass alle Störvariablen die gleiche Varianz haben (⇡ Homoskedastizität), zutrifft oder nicht.- Liegen Informationen über die konkrete Varianz-Kovarianz-Matrix der Störvariablen vor, dann führen die verallgemeinerten Kleinst-Quadrate-Schätzfunktionen (⇡ verallgemeinerte Methode der kleinsten Quadrate) wiederum zu besten linearen Schätzfunktionen für das lineare Einzelgleichungsmodell. Folgen z.B. die Störvariablen einem autoregressiven Prozess erster Ordnung (⇡ AR(p)-Prozess), dann enthält die Varianz-Kovarianz-Matrix neben der unbekannten Varianz der Störvariablen nur einen weiteren unbekannten Parameter. Ist dieser Autokorrelationskoeffizient bekannt, kann das ursprüngliche Modell mit den autokorrelierten Störvariablen so transformiert werden, dass die Anwendung der gewöhnlichen Methode der kleinsten Quadrate auf das transformierte Modell gerade diese verallgemeinerten Kleinst-Quadrate-Schätzfunktionen ergibt (⇡ autoregressives Schätzverfahren). Ein solches Schätzverfahren liefert streng genommen aber nur dann das gewünschte Ergebnis, wenn der Autokorrelationskoeffizient bekannt ist oder unverzerrt geschätzt werden kann. Für die Überprüfung der ökonomischen Spezifikation gibt es spezielle Spezifikationsfehlertests, mit denen z.B. untersucht werden kann, ob etwa eine erklärende Variable vergessen oder eine nicht zutreffende Funktionalform gewählt wurde. Die Überprüfung der Annahme beobachtungsinvarianter Parameter erfolgt im Rahmen der sog. ⇡ Strukturbruchtests.- 3. Dynamische Modelle: Tritt die mit einem Einzelgleichungsmodell zu erklärende Variable verzögert unter den erklärenden Variablen des Modells auf, verlieren die Kleinst-Quadrate-Schätzfunktionen die Eigenschaft der Erwartungstreue. Die Kleinst-Quadrate-Schätzfunktionen sind aber konsistent, solange die Störvariablen nicht autokorreliert sind und die Zeitreihe der zu erklärenden Variablen die Realisation eines stationären stochastischen Prozesses ist. Da aber in diesem Fall die gebräuchliche Testfunktion nach Durbin und Watson verzerrt ist, bedarf es zur Überprüfung der Hypothese nichtautokorrelierter Störvariablen spezieller Tests, z.B. ⇡ Durbins-h-Test. Ob die endogene Variable durch einen stationären Prozess erzeugt wird, kann durch einen ⇡ Einheitswurzeltest überprüft werden. Ergibt sich der Schätzansatz für ein dynamisches Modell durch eine ⇡ Koyck-Transformation aus einer Modellspezifikation, bei der für die erklärende exogene Variable verteilte Lags unterstellt werden, dann sind die Störvariablen im zu schätzenden Modell autokorreliert. Eine solche Transformation wird häufig vorgeschlagen, um das mit der Verwendung verteilter Lags meist verbundene Multikollinearitätsproblem zu vermeiden. ⇡ Multikollinearität ist in erster Linie ein numerisches Problem und kann trotz unveränderter stochastischer Eigenschaften der Schätzfunktionen zu nicht verwendbaren Schätzwerten führen.- 4. Die Beschreibungsqualität eines Modells wird i.d.R. durch das ⇡ Bestimmtheitsmaß oder das korrigierte Bestimmtheitsmaß ausgedrückt. Diese Maßzahl gibt an, wie viel von der Variation der Beobachtungswerte der endogenen Variablen durch das Modell erfasst wird. Es kann aber sein, dass das Bestimmtheitsmaß eine gute Beschreibung ausdrückt, obwohl der Erklärungsgehalt des Modells gering ist. Dies ist z.B. der Fall, wenn die endogene Variable und die exogenen Variablen Realisationen von nicht stationären stochastischen Prozessen in Form von Random Walks sind (⇡ Scheinregression). Deshalb werden häufig Modelle anstatt in Niveauwerten in ersten Differenzen der Beobachtungswerte formuliert. Mit diesen Differenzenmodellen bleiben aber Informationen bez. der Niveaus unberücksichtigt. Sind jedoch alle Variablen des Modells vom gleichen Grade integriert und außerdem kointegriert, dann lässt sich ein sog. ⇡ Fehlerkorrekturmodell spezifizieren und schätzen, das sowohl die Dynamik des Differenzenmodells als auch die Niveauinformationen beinhaltet.- 5. Spezielle Methoden wurden für Modelle mit qualitativ und begrenzt abhängigen Variablen sowie für Modelle zur Analyse von Verweildauern und Zähldaten entwickelt (⇡ Logit-Modell, ⇡ Probit-Modell, ⇡ Tobit-Modell). Diese Verfahren werden v.a. im Bereich mikroökonometrischer Untersuchungen verwendet.- 6. Bei den Mehrgleichungsmodellen wird zwischen Schätzverfahren mit beschränkter und mit voller Information unterschieden (⇡ Schätzverfahren mit beschränkter Information, ⇡ Schätzverfahren mit voller Information).- 7. Da die meisten Mehrgleichungsmodelle zumindest in den Variablen nicht linear sind, kann die Prognoseform nicht explizit angegeben werden, und die Prognosewerte müssen durch ein geeignetes numerisches Verfahren ermittelt werden. Die Auswertung der Prognosequalität eines Modells erfolgt durch eine Reihe von Maßzahlen (Prognoseprüfmaße), wie z.B. der mittlere quadratische Prognosefehler, der daraus abgeleitete Ungleichheitskoeffizient nach Theil. Bei der Beurteilung der Ex-Ante-Prognosequalität eines Modells ist zu untersuchen, welcher Teil der Prognosefehler auf Fehler in den Annahmen über die Entwicklung der exogenen Modellvariablen zurückgeht. Wird ein ökonometrisches Modell als Entscheidungsmodell verwendet, müssen für die als Politikvariablen vorgesehenen exogenen Variablen Werte bestimmt werden, die entweder die Zielvorgaben für bestimmte gemeinsam abhängige Variablen des Modells erfüllen oder eine spezifizierte Verlustfunktion minimieren.- 8. Bei den sog. ⇡ Zeitreihenmodellen wird i.d.R. auf die Verfahren aus der Zeitreihenanalyse zur Identifikation von ARIMA-Modellen (⇡ ARIMA(p,d,q)-Prozess) und zur Schätzung deren Parameter zurückgegriffen. Für die Schätzung der Koeffizienten in uni- oder multivariaten autoregressiven Modellen, bei denen die Entwicklung der endogenen Variablen nur durch die zurückliegenden Werte dieser Variablen erklärt wird, stehen spezielle Verfahren zur Verfügung. Ein wichtiger Aspekt ist auch hier wieder die Überprüfung der ⇡ Stationarität der die Beobachtungswerte erzeugenden stochastischen Prozesse. Kann der (Ex-Post-)Prognosefehler eines univariaten autoregressiven Modells durch die Hinzunahme der Vergangenheitswerte einer anderen Variablen als erklärende Variable reduziert werden, so wird diese hinzugefügte Variable als kausal für die zu erklärende Variable bezeichnet. Zu diesem Zweck wurden spezielle Kausalitätstests entwickelt. Diese Tests können auch dazu benutzt werden, um zu überprüfen, ob eine exogene Variable eines Modells wirklich als exogen betrachtet werden kann.
Lexikon der Economics. 2013.